Dachausbau Wien- Coop Himmelb(l)au

„Coop Himmelb(l)au ist keine Farbe, sondern die Idee, Architektur mit Fantasie leicht und veränderbar wie Wolken zu machen.”

Wolf D. Prix

Der Dachausbau in der Falkestraße 6 in Wien von 1988 ist das erste berühmte Projekt des Architekturbüros Coop Himmelblau und die Besonderheit des Rechtsanwaltsbüros Schuppich, Sporn und Winischhofer, welche über die Bauherrschaft verfügten.

Wie kann man sich den Dachausbau in der Falkestraße vorstellen?

Natürlich steht die ästhetische Funktion des Daches im Vordergrund, doch auch die pragmatische Funktion spielt eine entscheidende Rolle. Zu der symbolischen Funktion kann man noch sagen, dass die Auftraggeber mit dieser Konstruktion aus den übrigen Büros dieser Zeit herausstechen und eben nicht mit der breiten Masse schwimmen wollten. Die Bauherren riefen damit einen Akzent in der Wiener Innenstadt ins Leben und waren ein Vorreiter des gesellschaftlichen und somit auch architektonischen Umbruchs.

Die pragmatischen Aspekte sind, dass die Konstruktion auf diese Weise zum einen wegen einer Platznot  geschaffen wurde, aber zum anderen durch ein komplexes  System aus fest installierten und mobilen  Membranen gleichzeitig ein Blend- und Sonnenschutz  sein sollte. Neben den pragmatischen Funktionen, besitzt das Bauwerk herausstechende ästhetische Elemente. 

Den Architekten schwebte am Anfang der Gedanke über einen Blitz und einen gespannten Bogen vor, der sich in den Raum erstrecken sollte. Diese Idee entwickelte sich zu einer Ecksituation weiter, zu einer “visualisierten Energielinie, die von der Straße kommend das Projekt überspannt, das bestehende Dach zerbricht und damit wieder öffnet.” (Coop Himmelblau).

Der Bogen an sich ist ein oft verwendetes Element des Architekturbüros, weshalb er auch Eingang in dieses Projekt gefunden hat und gewissermaßen das Rückgrat des Dachausbaus darstellt. Im Ganzen betrachtet wirkt die Glaskuppel wie ein Flugobjekt, das sich auf dem Gebäude in der Falkestraße niedergelassen hat. Sie reißt das übrige Hausdach auf, auch weil die Stahlverstrebungen sich über das Gebäude hinausstrecken. Dadurch ist die Wirkung des Dachausbaus auch nach 30 Jahren noch jung, frisch und dynamisch.

Der gesamte Bereich zwischen den Stahlverstrebungen besteht aus kleinen Glasfenstern, wodurch das Dach auf eine Weise aufgesplittert wirkt und sich in den Himmel kristallisiert. Die Glasflächen scheinen teilweise ineinander verdreht und gegenläufig zu sein. Auf diese Art hebt sich der Dachausbau besonders von dem restlichen Gebäude und der alten Fassade ab. Durch die vielen Glasfenster wird der unter dem Dach liegende Konferenzraum vom Licht durchflutet und durch dieses Lichtsystem wirkt der Dachausbau auch bei Nacht, wenn das Mondlicht durch die Fenster scheint, wie ein funkelnder Diamant.

Wenn man nun als Besucher das Dachgeschoss des Gebäudes betritt, gelangt man zunächst in einen Empfangsraum. Von diesem führt eine geschwungene Treppe auf eine Dachterrasse, auf der sich eine Tür befindet, die nach innen in eine Galerie führt, von welcher man auch in den Konferenzraum blicken kann. Beim Betreten des Konferenzraumes hat man den Eindruck, dass das ganze Gebilde aus Glas und Stahl ineinander zusammenstürzt. Der Blick wird durch das Dach in Richtung der Straßenecke gezogen und der Stadtraum scheint in den Raum hineingezogen zu werden, es wird ein ganz neues Stadtraumerlebnis vermittelt.

In den knapp 30 Jahren hat sich bis heute nicht viel verändert, lediglich die Innenraumausstattung wurde abgewandelt. Zusätzlich zeigen sich durch ständige Aussetzung der Witterung an der Außenseite Abnutzungsspuren, dennoch hat der Dachausbau seine Ästhetik nicht verloren.

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Die Historik

In den frühen 80iger Jahren fand in Wien eine Zeit des Umbruchs für Architekten statt. Generell herrschte eine Aufbruchstimmung, es kam zu einem Wirtschaftswachstum und auch zu einem Bauboom. Dieses kam arrivierten und angepassten Architekten zugute, doch nur einige wenige setzten wirklich Akzente mit ihrer ambitionierten Architektur, die meisten Büros schwammen einfach in der breiten Masse. Doch die Bauherren wünschten sich etwas spezielleres, das die Platznot in ihrer Anwaltskanzlei lösen und genug Raum für einige Büros und einen repräsentativen Konferenzraum bieten konnte. Daher beauftragten sie das 1968 gegründete Architekturbüro Coop Himmelblau. Dieses wurde von Wolf Dieter Prix, Helmut Swiczinsky und Michael Holzer ebenfalls in Wien gegründet und sie beschäftigten sich hauptsächlich mit den Bereichen Architektur, Stadtplanung, Design und Kunst. Darüber hinaus werden sie zu den dekonstruktivistischen Architekten gezählt, das Büro hat sich aber nie offiziell zu dieser Gruppe bekannt. 

Doch trotzdem zählt der Dachausbau in der Falkestraße inzwischen zu einem Klassiker der Bauwerke des *Dekonstruktivismus. Weitere Bauwerke des Architekturbüros sind zum Beispiel die EZB in Frankfurt am Main und die BMW-Welt in München. Die Konstruktion des Dachausbaus in der Falkestraße verhalf dem Architekturbüro jedoch erst zum internationalen Durchbruch. Bereits 1983 begannen die Coops mit der Planung, dadurch, dass in dieser Zeit die Wiener Bauvorschriften noch nicht ausgereift waren, verzögerte sich das Genehmigungsverfahren bis zum Jahr 1988. In diesem Jahr konnte der Dachausbau noch fertiggestellt werden und es entstand ein spektakuläres Projekt. Auch  heutzutage gehört es zu den meist publizierten Projekten der österreichischen Nachkriegsarchitektur, er ist ein architektonisches Landmark und eine Pilgerstätte für Architekturbegeisterte aus der ganzen Welt.

Falkestraße Nr. 6 von Carl Mayer

Bild Dachausbau: https://oe1.orf.at/artikel/644852/Dachausbau-Falkestrasse-Wien

Bild Schnitt: https://www.nextroom.at/building.php?id=2331#&gid=1&pid=7533

Quellen

https://www.nextroom.at/building.php?id=2331
https://de.wikipedia.org/wiki/Coop_Himmelb(l)au (Bild)
https://www.db-bauzeitung.de/allgemein/dachausbau/
https://de.wikipedia.org/wiki/Falkestra%C3%9Fe_(Wien) (Bild)
https://oe1.orf.at/artikel/644852/Dachausbau-Falkestrasse-Wien
https://www.google.com/search?client=firefox-b-e&q=dekonstruktivismus
http://www.coop-himmelblau.at/architecture/projects/rooftop-remodeling-falkestrasse